Kaum ein Verhältnis hat sich im Laufe der Geschichte so sehr verändert wie die Beziehung zwischen Arzt und Patient. In früheren Zeiten mussten die Heiler und späteren Bader nicht nur Rechenschaft ablegen und durften gerade bei einer Fehlbehandlung hoher Häupter gleich mit in die Grube einfahren, sie haben auch ordentlich betrogen und zum Beispiel Opium eingesetzt und dessen scheinbar wohltuende Wirkungen total übertrieben dargestellt. Später und mit einer Weiterentwicklung und vor allem Ausdifferenzierung der Medizin kam es zur Arbeitsteilung und der Mediziner galt als Autoritätsperson. Das Wirken und Urteilen durfte vom Patienten nicht in Frage gestellt werden und auch heute noch hellt sich das Gesicht vieler Kranker auf, wenn der Chefarzt persönlich ans Bett tritt – dem man dann auch niemals widersprechen würde! Nicht umsonst ist das geflügelte Wort von den Göttern in Weiß sehr gut bekannt. Allerdings hat sich einiger Zeit nicht nur einiges, sondern recht viel geändert und das liegt, wen wundert´s, am zunehmendem Wohlstand und am Internet. Übrigens gibt´s da auch den Unterschied, er nennt sich Nocebo und meint die Wahrnehmung ärztlicher Worte für wahr und das führt manchmal zu neuen Schmerzen!
Das bekannteste Modell ist natürlich das bereits angeklungene paternalistische. Hierbei übernimmt der Arzt neben der Verantwortung auch die Entscheidungsgewalt und er gilt gemeinhin als absoluter Experte, der sich im Grunde genommen nicht irren kann. So eine Sichtweise ist natürlich gerade in der Schönheitschirurgie ein Problem, denn dort formulieren Leute ihre Vorstellungen und wenn ein Arzt hier meint, man könne das ignorieren, dann hat er schnell keine Patienten mehr! Oft wird deshalb in solchen Kliniken das Vertragsmodell angewandt, bei dem der Arzt so verfährt, wie der zu Behandelnde sich das wünscht. Das ist eng verwandt mit dem informativen Modell, bei dem der Patient die volle Kontrolle über Eingriffe behält. Hier hat der Arzt in erster Linie zu vermitteln, vorschlagen und die Autonomie zu respektieren, wobei seine Wertvorstellungen selbst keine Rolle spielen dürfen. Kommunikation steht bei diesen recht jungen Modellen also im Vordergrund und das trägt der Informationsfreiheit der Patienten zusätzlich Rechnung.
Problematisch wird es allerdings, wenn der Patient etwa nach einem Unfall nicht ansprechbar ist. In solchen Fällen greift immer und weiterhin das paternalistische Modell, denn hier ist überhaupt keine Zeit, um zu diskutieren oder irgendetwas vorzuschlagen. Auch würde der vielleicht in Lebensgefahr schwebende Patient ohnehin alles unterschreiben und da hängt es an der Kunst des Arztes, die Sache ins Lot zu bringen.
Andere Schwierigkeiten ergeben sich, wenn Patienten zu viel wissen. Das Internet bietet bekanntlich zu jeder Krankheit tausende Kommentare und Erklärungen und wer hier keine medizinische Vorbildung besitzt, der wird sich kaum zurechtfinden und schnell irgendwelchen Blödsinn glauben. Damit wird dann der Arzt konfrontiert und oft ist es richtig schwierig, dann ein über Jahre aufgebautes Vertrauensverhältnis aufrecht zu erhalten, gerade weil der Patient plötzlich zum neunmalklugen Besserwisser zu mutieren scheint! Die Recherche im Internet bringt zwar Vorteile und erweitert unser allgemeines medizinisches Wissen, in der Praxis jedoch bringt sie oft genug Probleme und Arzt wie Patient sind aufgerufen, angesichts dieser Umstände ein wirklich funktionierendes Modell und Miteinander zu entwickeln.