Es ist recht lustig, wie sich die Menschen im Laufe der Geschichte der Medizin gegenüber positionierten und dabei manch Dinge total überbewerten, während andere Gefahren regelmäßig unterschätzt bleiben. Süchte, Schädigungen an Organen oder auch geistige Verwirrung standen schon immer mit Arznei in Verbindung und so braucht es stets einen verantwortungsvollen Umgang mit diesen Mittelchen. Doch wie sieht der eigentlich aus? Der Arzt als Allgewalt hat bekanntlich ausgedient, denn heute informieren sich die Leute im Internet, holen sich eine zweite Meinung ein oder bezahlen gleich ganz für die Behandlung, etwa bei der Schönheitsoperation. Dieser neuen Autonomie, die übrigens so neu gar nicht ist, denn auch in der Antike und im Mittelalter mussten sich die Heiler rechtfertigen und bewerten lassen, steht jedoch auch eine Medikamentenschwemme zur Seite.
Natürlich ist jedermann der Unterschied zwischen Morphin und Johanniskraut klar und bei der Bewertung spielen Faktoren wie Stärke, chemische Bindungen, Nach- und Nebenwirkungen und auch die üblichen Vergleichsstudien zur Seite. Doch es ist erstaunlich, dass viele Leute mittlerweile das Ziehen im Nacken nicht mit Verspannung in Verbindung bringen, sondern lieber eine Pille einwerfen. Man muss hier nicht einmal die Nepper und Bauernfänger bemühen, die bunte Tabletten und Kapseln mit Mixturen aus Tigerblut, Alpenmoos und Vulkanasche anpreisen! Diese Angebote sind in der Regel als absurd erkennbar und auch die nur gegen Rezept erhältlichen Medikamente sind nicht so sehr das Problem. Vielmehr liegt es in der oftmals völlig unkritischen Einnahme von frei erhältlichen Mitteln, die mitunter große Gefahren bergen.
Zager & Evans wussten das schon vor Jahrzehnten und sangen:
“In the year 3535 Ain’t gonna need to tell the truth, tell no lies everything you think, do and say
Is in the pill you took today”.
Auch wenn wir erst im 21. Jahrhundert stehen: Der Song ist berühmt und beschreibt dann auch deutlich die Allmacht der Medizin in unserer Erfahrungswelt. Die unkritische Einnahme von Schmerzkillern, Schlaftabletten, Abführmitteln und vielem mehr führt zu großen gesundheitlichen Verwerfungen, die sich jetzt noch gar nicht abschätzen lassen. Nur wenige Leute wissen zum Beispiel, dass Paracetamol nicht nur unzählige gefährliche Kreuzwirkungen mit anderen Medikamenten eingeht, es ist zudem enorm belastend für die Leber und riskante Dosen werden bei sehr häufiger Einnahme schnell erreicht.
Ein gutes Beispiel für die Maßlosigkeit sind Kopfschmerzen. Diese haben entweder einen ernsten Hintergrund (Krebs, Hirnschäden) oder sind chronisch ausgeprägt, etwa bei Migräne und extremer Wetterfühligkeit. Beide Varianten müssen behandelt werden und wer öfters Kopfschmerzen hat, sollte zum Arzt gehen. Freilich liegt hier die Wahrheit ein bisschen versteckt, denn 90 Prozent aller Kopfschmerzen sind auf Verspannungen zurückzuführen! Die schiefe Sitzhaltung, wenig Bewegung, ein schlechtes Kopfkissen – es gibt viele Ursachen für einen scheinbar schmerzhaften Schädel, doch wenn man sich nur kurz ausruht, den Nervenbahnen im Nacken und in der Schulter etwas Ruhe gönnt, dann verschwinden diese Belastungen von ganz allein! Soviel Zeit sollte sein, doch kaum jemand nimmt sie sich. Wie auch, wenn wir durch die Welt hetzen und uns die Pharmaindustrie weismacht, es gäbe für alles eine Pille! In Amerika geht das sogar schon so weit, dass Diabetes bei Kindern schon beinahe als normal gilt – es gibt ja Medizin dafür und deshalb darf der Wonneproppen weiter ungeniert Cola trinken und sich mit Burgern und Popcorn den Wanst vollschlagen. Ob das auf Dauer gut geht?