Schön, das wollen wir alle sein, na klar, und auch wenn mancher Künstler und vor allem Modemacher scheinbar einem Ideal des Hässlichen zu frönen scheint, steht dahinter natürlich immer der Wunsch nach Individueller Ausdruckskraft. Was Schönheit ist, können wir hier nicht klären, das wäre viel zu aufwendig und im Übrigen abschließend auch gar nicht möglich, doch wie es um die Schönheit nach Maß steht, darüber lässt sich zweifellos wunderbar streiten. Das ist auch immer passiert und nichts macht den Leuten mehr Spaß, als über geliftete Falten, vergrößerte Brüste oder einen gestrafften Po zu lästern – wenn es dabei selbstverständlich um die anderen Leute geht. Aber haben wir nicht alle den Wunsch nach Schönheit und würden im Zweifelsfall dafür auch zum (chirurgischen oder pharmazeutischen) Maßband greifen?
Wenn Karl Lagerfeld und Raf Simon heute die dünnen Silhouetten bei Mann und Frau entwerfen, preisen und für der Mode letzter Schrei halten, dann ist diese Fashion natürlich einem bestimmten Ideal geschuldet. Wir nennen das mal Verzicht im Überfluss, denn wenn immer mehr Menschen dick und rund werden, dann ist der schlanke Body natürlich ein starkes oppositionelles Kriterium! Doch wen kratzen diese Ideale beispielsweise auf Hawaii oder in Mauretanien? Dort folgt man den Vorstellungen einer leiblichen Lust und Fülle, wie sie Peter Paul Rubens in seiner illustren Barockmalerei zur Ehre gereicht hätte. Schönheit ist also immer abhängig von Zeit und Raum, von mir aus auch von den ökonomischen Umständen, Marx lässt grüßen, und so ist es extrem interessant, den globalen Trend zur Schönheitsoperation zu untersuchen. In Korea wollen die Mädels große Augen, in Frankreich die Frauen größere Brüste und wer sich so manchen Prominenten anschaut, der könnte glatt meinen, Popularität erfordere geradezu eine schmale Nase und hohe Wangenknochen! Die Ironie des Ganzen: Am Ende gibt es gar kein allgemeingültiges Ideal, denn wonach alle streben, kann am Ende auch nur vom individuellen Bestreben ausgehen und so wollen wir ein bisschen weg vom Body auch mal die Schönheit des Geistes betrachten.
Strenggenommen meinte die Ästhetik in der Philosophie und in der Kunst bisher stets den Körper, schließlich ist dieser in unserer auf Optik getrimmten Welt das eigentlich Sichtbare. Was aber wenn auch der Geist verbessert würde? Schneller, klüger, flexibler denken könnte? Wäre das ein höheres Maß an geistiger Schönheit? Es mag kurios klingen, aber natürlich können sich die Studenten an den klugen Ausführungen eines Professors berauschen und selbstverständlich kann ein Klavierkünstler wie Keith Jarrett, der bekanntlich ohne Noten spielt, durch sein Denken und Fühlen der Musik das Publikum enorm fesseln. Wenn also Medizin entwickelt wird, die uns klüger und umfassender Denken lässt, dann ist das ohne Zweifel auch eine Art Schönheit nach Maß, deren Beurteilung freilich noch aussteht. Neuro Enhancement ist selbst in der Ethik beziehungsweise Moralphilosophie noch ein sehr weites, blankes Feld und wir sind gespannt, wie sich die Meisterdenker dann auch unzweifelhaft schön, weil mit scharfem Verstand zu diesem Problem äußern werden. Ob sie dann dabei allerdings Pillen einwerfen, gehört wohl ebenfalls noch zum unvollendeten Entwicklungsprozess!